Abschied und neue Ufer
Am Donnerstag verabschiede ich mich endgültig vom Zirkus, mit einem letzten gemeinsamen Training. Am gleichen Tag wird Museveni als Präsident vereidigt. Die Stadt ist lahmgelegt, fast nichts von dem was ich organisieren muss bekomme ich erledigt. Ich verlasse Kampala trotzdem am Freitag morgen, ich habe das dringende Bedürfnis, diese Stadt und die damit verbundene Verantwortung erstmal hinter mir zu lassen.
Und genau das ist Hürde Nummer 1. Kampala macht es mir nicht einfach zu gehen. Schon mit Motorradtaxi oder Minibus; der Verkehr ist jeden Tag auf's neue abenteuerlich. Kaum lande ich mit meinem Fahrrad im Chaos auf der Jinja road, denke: irgendwie lebensmüde. Die Alternative wäre gewesen, mich samt Fahrrad von einem Matattu aus der Stadt herausbringen zu lassen. Aber das ging über meine Würde und so sehe ich zu wie ein Lachs alle Stromschnellen und Grizzlys zu meistern. Nach Mukono stelle ich fest, dass eine der Satteltaschen wohl die ganze Zeit am Rad geschliffen ist und sich ein Loch auftut. Im nächsten Dorf an der Straße lasse ich mir in einer Werkstatt eine Konstruktion basteln, die die Satteltaschen und das Rad auf Abstand halten. Aus Stöcken und zerschittenem Fahrradschlauch. Nach rice, poscho and beans geht es weiter und ab in die nächste Bredoullie. Mein Hinterrad verliert Luft. Ich drehe das Rad am Starßenrand um, auf der Suche nach einem Loch. Nicht eine Minute vergeht und ich bin von einer Schah Kinder umringt. Einer der älteren Jungs bringt mich zur nächsten Werkstatt, dort findet der Arbeiter ein Loch im Schlauch. Er klebt es zu, mein Rad wird wieder aufgepumpt. Auch eine Art von Entwicklungshilfe, sich alle Stunde etwas richten zu lassen und hilfsbereiten Kids ein Trinkgeld in die Hand zu drücken. Die meiste Zeit gibt es so was wie eine notdürftige Standspur neben der Hauptstraße; an mir rasen LKWs und Matattus vorbei. Aufgewirbelter Dreck setzt sich auf meiner Haut, meinen Klamotten und meinem Gepäck fest. Vermischt sich mit Schweiß und Sonnencreme. Ich möchte auf einem Campingplatz im Mabira forest übernachten. Nach mehreren Versuchen erreiche ich Hussein, der auf mich in der Zuckerhauptstadt Lugazi wartet um mir den Weg zum Camp zur erklären. Dieser geht noch für 10 Km durch Zuckerrohrplantagen, auf Feldwegen fast ohne Verkehr - was ein Segen. Als ich ankomme, hab ich das Gefühl das ganze Reportoir an möglichen Fahrraderfahrungen schon durchgemacht zu haben. Loch im Schlauch, Riss in der Satteltasche, Sonnenbrand (trotz zweimal einschmieren), angefahren in Kampala, Muskelkater meldet sich an. Ich ekel mich vor mir selbst, so intensiv schmutzig wie ich bin. Duschen sieht so aus: Um mich rum Betonwände, neben mir eine Wanne Wasser und über mir Urwaldriesen und letzte Strahlen der Abendsonne. Ich schlafe früh.
Tag 2. Mein Ziel ist heute Jinja zu erreichen, ein winziges Städchen am Nil. Mein erster Streckenabschnitt geht durch den Wald, entlang der Stromtrasse auf einem Feldweg. Während ich mich auf der Hauptstraße sehr abgedrängt gefühlt habe, bekomme ich hier mehr als genug Aufmerksamkeit. Wenn ich an einem Dorf vorbeikomme, rennen mir die Kinder hinterher. Und ich genieße die traumhaft schöne Umgebung, auch wenn ich manchmal schieben muss, so steil ist die Erdpiste. Früher oder später lande ich wieder auf der Jinja road. Ich habe bisschen Panik vor den LKWs, die hier auf dem Weg nach Kenia an mir vorbeirasen. An einen Meter Abstand zu mir hält sich fast niemand und ich denke manchmal unwillkürlich an die Schrammen die mir ein Schwertransporter in Kampala verpasst hat. Es reiht sich ein Hügel an den anderen und ich bin unglaublich froh als ich endlich den Nil und Jinja sehe.
In Jinja haben die Häuser ihren ganz eigenen Kolonialcharme.
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